Lernferien: Ferien vom oder zum Lernen?
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Gibt es Ferien vom Lernen? Gibt es eine bestimmte Art von Ferien, in denen unsere Kinder besonders viel lernen? Oder passiert unseren Kindern das Lernen einfach, während sie Ferien machen?
Über diese Fragen denke ich heute gemeinsam mit dir nach.
Wenn ich diesen Fragen wirklich auf den Grund gehe, muss ich zuvor wissen:
Was bedeutet „Lernen“ bzw. „Lernerfolg“ wirklich?
Verstehe ich unter „Lernen" das systematische Lernen in der Schule wie bspw. das Auswendig-Lernen oder Bearbeiten von Arbeitsblättern und vorgegebenen Aufgaben? Der Lernerfolg wäre dementsprechend das Bestehen von Tests und Prüfungen.
Oder verstehe ich unter Lernen alternativ den Vorgang des Synapsen-Bildens in meinem Gehirn, wenn es ein herausforderndes Problem löst? Der Lernerfolg läge in dem neu erlangten Wissen oder einer neuen Fertigkeit.
Mir ist nachhaltiges Lernen wichtig. Es ist erwiesen, dass von dem in der Schule erlernten Schulstoff der Großteil wieder vergessen wird. Deshalb erkenne ich unter schulischen Methoden erlerntes Wissen nicht pauschal als nachhaltiges Lernen an. Eine Ausnahme besteht darin, wenn ein Kind gerade bei diesem Lehrplanthema in einen Ansturm der Begeisterung verfällt oder wenn mein Kind zu dieser einen lernbegleitenden Person wie zu einem Vorbild aufschaut.
Wenn wir Lernen als etwas begreifen, was im Entstehen neuer Fertigkeiten in der Problemlösung passiert, können wir nicht „nicht lernen“. Auf zu lösende Probleme treffen wir immer und überall. Schulferien können demnach nicht Lernferien bedeuten, also Ferien / frei vom Lernen.
Wenn wir immer Lernen, wie können wir die Ferien besonders effizient zum Lernen nutzen?
Um diese Frage zu beantworten, klettere ich für einen besseren Überblick über die Funktionsweise des Lernens noch höher auf unseren Lernturm. Ich spreche hierbei über uns alle, über unsere Kinder und uns Eltern, weil das Lernen keinen Unterschied beim Alter macht. Heute wissen wir, dass unser Gehirn selbst in hohem Alter noch zu enormem Wachstum in der Lage ist. Zumindest, wenn die Lernfreude erhalten bleibt. Aber dazu später ...
Wie lernen wir?
Es braucht ein Gefühl der Verbundenheit, des Wohlfühlens, gestillte körperliche und seelische Bedürfnisse und einen Funken, oder noch besser einen Vulkanausbruch der Begeisterung.
Zufriedenheit, Fülle und Geborgenheit - unsere starken Wurzeln sind die Basis. Der Funke unseres Interesses, unserer Neugierde und Wissbegierde, unseres Willens, ein bestimmtes Problem zu lösen, sorgt darauf aufbauend für ein Feuerwerk im Gehirn-Synapsen-Dschungel.
Während in der Schule gerne hier im Gehirn ein Häufchen Wissen platziert wird, dann rechts daneben und dahinter auch noch, ohne dass wir einen persönlichen Bezug zu den Informationen herstellen, kann unser Gehirn jetzt an bereits vorhandenem Wissen andocken. Das Netzwerk wird erweitert. Verbindungen zu bestehendem Wissen und Fertigkeiten werden verknüpft, sodass ein stabiles Spinnennetz entsteht, welches uns als gesunder Mensch immer erhalten bleibt. Es bleibt gespeichert, solange es für uns von Bedeutung ist.
All unsere Emotionen sind beim Lernen beteiligt. Wir stehen vor dieser Wand, die uns den Weg versperrt. Wir wollen da unbedingt durch, wollen es schaffen. Wir versuchen es. Schon wieder nichts! Noch mal.
„Soll ich das lieber machen? Du bist noch zu klein dafür."
Genau das hilft meinem Gehirn in diesem Moment nun wirklich nicht, neue Synapsen zu bilden. „Nein, danke“. Ich schaffe das schon“, antworte ich und mache weiter. So lange, bis ich wütend werde und traurig darüber, dass es einfach nicht so will, wie ich es mir vorgestellt hatte. Was für ein Frust!
Ich könnte jetzt aufgeben. Doch ich habe mit der Zeit gelernt, dass Frust ok und gesund ist. Durch dich, Mama. Du warst für mich da und hast mir den Halt gegeben, um wieder aufzustehen und es noch mal zu versuchen.
Und weil ich diese Erfahrungen jetzt schon öfter gemacht habe, weiß ich, dass ich eine Lösung finden werde, wenn ich nicht aufgebe. Beim letzten und vorletzten Mal hat es schließlich auch irgendwann geklappt. Und woahhh! War ich stolz. Ganz alleine hatte ich es geschafft. Ich habe sogar das Gefühl, ich kann schon fast alles, so wie die Lotta aus den Büchern von Astrid Lindgren. Die hatte sogar mal einen Weihnachtsbaum für ihre Familie aufgetrieben, obwohl es unmöglich erschien. Doch sie hat es geschafft. Und dann kann ich das auch!
Wahre Ferien für´s Lernen oder wie wir Lernfreude erhalten
Wenn ich mir vorstelle, wie ich am besten neue Fertigkeiten erlangen kann, dann sehe ich Menschen bei mir oder zumindest andere Lebewesen (wie Tiere und Natur).
Uns verbindet ein gemeinsames Interesse, der selbe Begeisterungssturm für die eine Sache, die wir unbedingt können wollen. Da sind jüngere Kinder, denen ich die Hand reichen und mich durch mein Vorwissen groß fühlen kann. Darüber hinaus sind da ältere Menschen, zu denen ich aufschauen kann. Sie inspirieren mich und lassen mich visionär von meiner Zukunft träumen.
Dann sehe ich Raum vor mir. Einen Raum, um mich auszuprobieren. einen Raum um Fehler zu machen. Einen Raum, in dem wir einfach spielen und sind. Ein Raum ohne Druck und hohe Erwartungen von außen an meine Leistungen oder das Ergebnis, was aus meinen Spielversuchen hervorgeht. Nein, der einzige, der meine Leistung bewertet, bin ich. Und glaube mir, ich bin mein strengster Kritiker. Ich weiß , ich will viel erreichen. In meinem Raum habe ich all die echten Dinge stehen, welche ich für mein Ausprobieren und Spielen brauche und wenn ich nicht alles kauffrisch da liegen habe, dann habe ich den Raum mir diese Dinge selbst herzustellen oder sie zu bauen / basteln oder anderweitig herzustellen. Dabei darf es auch mal wild zu gehen, es darf auch mal etwas kaputt gehen. Wo gehobelt wird, fallen schließlich auch Späne. Es darf für andere chaotisch aussehen, während ich mein Ziel klar fokussiere. Was für eine Konzentration, was für ein Flow! Ich vergesse alles um mich herum, den Raum, die Zeit. Habe ich heute eigentlich schon etwas gegessen?
Da grummelt mein Bauch. Mit einem Hungergefühl lässt sich plötzlich nicht mehr an meine Lösung denken. Ich brauche körperliche und seelische Nahrung, damit ich die Energie aufbringen kann, ja, damit ich diese Kraftanstrengung zum Bewältigen dieser Aufgabe, die ich mir selbst gestellt habe, meistern kann. Ich brauche die Verbindung zu dir, Mama, ich brauche Sicherheit vor schädigenden Einflüssen. Ich brauche das Gefühl wichtig und richtig zu sein, wie ich bin. Ich brauche das Gefühl, deines Vertrauens in mich und meine Fähigkeiten, all das schaffen zu können. Dein Loslassen von Sorgen über meine Zukunft und meiner Hand, wenn ich mich traue und auf meinem ganz eigenen Weg losgehen will.
Also ja, Ferien können mein Lernen begünstigen.
Jeder Tag könnte ein „Ferien-Zum-Lernen-Tag“ für mich sein, wenn wir uns trauen, es zuzulassen. Dafür braucht es keinen teuren Urlaub, es braucht kein Bespaßungs- oder Unterhaltungangebot.
Dafür genügt es, wenn du unsere Tür nach draußen zu Gleichgesinnten und für meine aktuellen Themen öffnest. Dafür genügt es, wenn du die Tür vor den Leuten schließt, welche mich füttern wollen: mit Bildungsprogrammen, süchtig machenden Videospielen und Kursen, die man in dem Alter halt so belegt. Ja, manchmal braucht es auch Langeweile, welche schwer ertragbar sein kann. Manchmal bedeutet sie aber auch nur, dass mir gerade die Regenbogenkraft für ein weiters Projekt fehlt. Oder ich bin gerade mit etwas fertig und weiß noch nicht, wohin mich der Wind als nächstes treiben wird. Oder ich kann ihn einfach nicht mehr hören, diesen inneren Ruf aus meinem Herzen, weil er durch zu viele „Du musst noch…“-Dinge übertönt wird. Dann brauche ich einfach nur Zeit, dein Vertrauen und mich inspirierende Geschichten von anderen, die ihren Weg gefunden haben. So kann auch ich wieder daran glauben, dass ich es schaffen werde, mein inneres Leuchten zu finden. Diese Geschichten findest du an vielen tollen Orten, unter anderem auch in der Autorenwelt oder in meiner Kinderbuchmanufaktur.
Ich weiß, das erfordert viel Mut.
Aber ich werde dir danken, irgendwann, weil ich in meinem Glück Fülle spüren werde. Auch eine gefühlte ständig abrufbare Fülle an Lösungsmöglichkeiten, selbst, wenn ich vor den größten Herausforderungen in meinem Leben stehe. Dank dir habe ich in meinem Leben die Erfahrung machen dürfen, dass Lernen meine Superkraft ist und sich gut anfühlt. Mit jedem gemeisterten Problem und Dopaminschub nimmt meine Lernfreude, ja meine Lernlust zu. Mit jedem eigenen Projekt gestalte ich mein Leben mit. Ich erschaffe etwas, dass für mich von Bedeutung ist.
Ich werde weder süchtig nach Medien, Genussmitteln oder Konsumgütern. Nein, ich werde lernsüchtig, weil lernen mich glücklich macht und mich immer weiter auf dem Weg voran bringt, für den ich mit meinem Licht hier auf dieser Welt bin.
Ja, diese Ferien von der Schule, diese Ferien mit dir, diese Ferien waren wirklich Ferien, in denen Lernen passiert ist, einfach so, nebenbei, während ich mein Leben gelebt habe.
Frei. Unbeschwert. Im Einklang mit mir selbst und meiner Umwelt. Im Herzen verbunden mit dir und all den Menschen und Lebewesen, die mich umgeben. So sollen Lernferien immer sein.
Woher ich das weiß? Ich habe es selbst erfahren und durchlebt. Und ich bin nicht die Einzige. Es gibt da draußen so viel mehr Menschen, als man glaubt, die ihre Fülle und Lernfreude wieder gefunden haben und sich erst dadurch dessen bewusst wurden, wie sie ihnen verloren gegangen ist. Und es gibt die Forschung, welche all das heute glücklicherweise belegen kann.
Und was erschaffen wir in diesen Ferien?
Vielleicht begeistern dich Bücher so sehr wie mich? Dann lass es uns tun. Wir machen unser eigenes Buch. Und wir verbinden uns dafür mit anderen Buchbegeisterten, beispielsweise in meiner Kinderbuchmanufaktur oder mit einer anderen Buch-Begeisterten Person oder Community, dessen Türen sowohl für kleine oder auch für große Menschen immer offen stehen.
Und ganz nebenbei, ohne es zu bemerken und ohne es dafür zu tun, entstehen dabei Fertigkeiten und Fachwissen, welche uns nach den Ferien sogar in der Schule nützen.